Vorliebe für Gummireifen blockiert Weichenstellung im öffentlichen Nahverkehr

Offener Brief an den Oberbürgermeister

„Skeptisch“ sieht der Erlanger Oberbürgermeister den Ausbau der Straßenbahn nach Erlangen und favorisiert ein System der „Autotram“ nach dem Vorbild der Partnerstadt Rennes. Harald Bußmann reagiert mit einem Offenen Brief …

Offener Brief an den Oberbürgermeister 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

in den Erlanger Nachrichten vom 5.3.2012 äußerten Sie sich wieder „skeptisch“ zum Ausbau der Straßenbahn nach Erlangen und favorisieren ein System der „Autotram“ nach dem Vorbild der Partnerstadt Rennes. An dieser Idee halten Sie fest und versuchen damit die Weichenstellung für ein zukunftsorientiertes und in der Metropolregion eingebundenes Nahverkehrssystem zu verhindern. Wollen wir die Verkehrsprobleme im Großraum angehen, erfordert das eine schnelle und zielführende Herangehensweise im Verbund mit den Nachbarstädten. Die Straßenbahn nach Erlangen ist auch das Startsignal für den seit langer Zeit überfälligen Ausbau der Stadt-Umland-Bahn (StUB). Anstatt hier die Planungen zügig voranzutreiben, sind wir gezwungen, uns mit Ihren „Ideen“ zu einer Insellösung für Erlangen zu befassen. Ich schreibe diesen offenen Brief, weil bisher alle Argumente an Ihnen abgeprallt sind – wie an Gummi.

Bereits in einem Artikel der Erlanger Nachrichten vom 7.7.2011 sprachen Sie sich gegen die Straßenbahn und für ein spurgeführtes System auf Reifen wie in Rennes aus- „eine Art Zwitter aus Straßenbahn und Bussystem“. Ihrer Meinung nach würde das für eine eher kleine Stadt wie Erlangen mit niedrigen Häusern einen geringeren Eingriff in das Straßenbild bedeuten als eine Straßenbahn.

Ihr Vorbild in Rennes ist aber, wie auch auf dem Foto im EN-Bericht von 2011 zu sehen ist, eine Metro – also eine U-Bahn. Diese fährt entweder im Tunnel oder oberirdisch und ist zumindest im Innenstadtbereich und an Kreuzungen aufgeständert. Dieses System bedeutet einen stärkeren Eingriff in das Straßenbild als bei einem schienengeführten System und ist wesentlich teurer. Und dass eine Straßenbahn alles andere als störend sein muss, zeigt ein Bild aus Erfurt, das ich im Anhang mitschicke.

Man kann geteilter Meinung zur StUB sein, aber nicht behaupten, dass es sich bei der Metro in Rennes um ein „flexibles und stadtbildverträgliches“ Nahverkehrssystem handelt. Nur weil die Fahrzeuge Gummibereifung haben, sind sie keine Busse – als Fahrweg ist eine abgetrennte Betonspur notwendig.

Wo liegt Ihr Problem bei einem Wechsel zur Straßenbahn? Nürnberg und Erlangen sind Teil derselben Metropolregion und desselben Verkehrsverbunds, Erlangen könnte vom Nürnberger Knowhow profitieren. Ein Wechsel zur Autotram wäre ein Systemwechsel, der Erlangen und Nürnberg trennt und erinnert an Zeiten, in denen Fahrgäste an Landes­grenzen wegen unterschiedlicher Transportsysteme (unterschiedliche Schienen­breite, Elektrifizierung oder nicht) umsteigen mussten.

Mit freundlichen Grüßen

Harald Bußmann

Sprecher für Verkehr und Stadtplanung

Anlagen:

Drei Fotos: Metro in Rennes (weitere Impressionen: Wikipedia)
http://fr.wikipedia.org/wiki/Fichier:Metro_de_Rennes_P1040075.JPG
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rame_VAL208_P1040082.JPG
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:M%C3%A9tro_Villejean-4.jpg

Ein Foto: Flughafenshuttle Paris-Charles-de-Gaulle, gleiches System („VAL“) wie in Rennes

Ein Foto: Straßenbahn in Erfurt (Quelle)

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