„Bedenkenloses Spielen mit Staatsgeldern“

Konsequenzen für Erlangen?
Landesbank-Experte der Grünen zu Ursachen und Folgen des Finanzdebakels

Was geschieht mit den 1450 Wohnungen der GBW in Erlangen? Auch auf die Sparkassen werden die Verluste der Landesbank durchschlagen. Auf die Sparkasse Erlangen kann ein Korrekturbedarf von knapp 5 Millionen Euro zukommen.

Konsequenzen für Wohnungen in Erlangen?
Landesbank-Experte der Grünen zu Ursachen und Folgen des Finanzdebakels

Der größten Wohnungsgesellschaft Bayerns, der GBW, gehört in Erlangen rund 1450 Wohnungen, davon ein erheblicher Teil Sozialwohnungen. Dass sich das künftig ändern könnte, ist eine der Konsequenzen aus dem Debakel um die Bayerische Landesbank, bei dem die bayerischen Steuerzahler für das jahrelange Versagen in Vorstand und Verwaltungsrat mit 10 Milliarden Euro in die Pflicht genommen wurden. Denn: Die GBW ist eine Tochter die Landesbank und die wird sich künftig auf ihr Kerngeschäft zurückziehen. Das fordert zum einen die EU, zum anderen sieht dies aber offensichtlich auch die Staatsregierung so. In der aktuellen Antwort auf eine Anfrage der Grünen heißt es zum Verkauf der GBW wörtlich: „Die Beteiligung an Wohnungsunternehmen zählt nicht zu den originären Aufgaben einer Bank“ und weiter „Die BayernLB geht davon aus, sich mittelfristig von ihrer Beteiligung an der GBW AG zu trennen.“

Unklar ist aber, was dann mit den Wohnungen passieren wird. MdL Eike Hallitzky sagte anlässlich eines Vortrages zur BayernLB in Erlangen: „Völlig unklar ist, ob die GBW mit ihren insgesamt über 30.000 Wohungen als Ganzes verkauft wird oder aber einzelne Wohnungspakete regional und lokal angeboten werden. Unabhängig davon fordern die Grünen aber spezielle Schutzbestimmungen für die jetzigen Mieter.“ Ob es dazu kommt, steht aber in den Sternen. Bisher hat die Staatsregierung jeden Oppositionsantrag abgelehnt, mit dem der Mieterschutz abgesichert werden sollte. „Deshalb ist die Gefahr groß, dass am Ende einfach der zum Zuge kommt, der am meisten bietet – und dann heißt´s Mieterschutz ade,“ befürchtet Hallitzky.

Sparkassen bluten

Auch auf die bayerischen Sparkassen werden die Verluste der Landesbank durchschlagen: Bereits im letzten Jahr hatten die Sparkassen auf ihre Landesbank-Anteile erhebliche Abschreibungen vorzunehmen. In diesem Jahr belastet das Hypo Alpe Adria-Desaster die Bilanz der Bank in Milliardenhöhe. Die Sparkassen sind hier anteilig mit ihrem Eigenkapital, aber auch mit ihren stillen Einlagen dabei. Für die Sparkasse Erlangen schätzt Hallitzky den Korrekturbedarf auf insgesamt knapp 5 Millionen Euro, „Geld, dass in Zeiten der Kreditklemme der lokalen Wirtschaft fehlt.“

Wie es dazu kommen konnte, dass die Steuerzahler mit 10 Milliarden Euro – das sind 800 Euro für jeden bayerischen Bürger von der Wiege bis zur Bahre – die BayernLB vor dem Aus bewahren mussten, dafür hat Hallitzky eine harte Erklärung: „Das bedenkenlose Spielen mit Staatsgeldern war ein System, das schon lange verfolgt wurde“, so der Grünen-Landtagsabgeordnete und Mitglied der Landesbank-Kommission Eike Hallitzky. Hallitzky hat mittlerweile über Parteigrenzen hinweg den Ruf als „Chefaufklärer“, der durch Detailwissen und Sachorientiertheit bei der Aufarbeitung des Landesbank-Debakels glänzt.

An den Pokertisch gesetzt

Aus der Misere müssten Lehren gezogen werden. „Es muss das Ergebnis der Debatte sein, dass so etwas nicht mehr passiert. Dass sich die Politik als Treuhänder der Steuergelder ansieht und nicht zockt“, fordert Hallitzky.

Es müsse deshalb klar werden, wie es dazu kommen konnte, dass der bayerische Steuerzahler letztendlich zehn Milliarden für die Landesbank aufbringen muss. „Die HGAA war kein Betriebsunfall. Die BayernLB hat sich an den Pokertisch gesetzt. Dabei war das Nichtbeachten von Risiken eine Leitlinie, die sich durch alles durchzieht“, erklärt Hallitzky.

Risiken ignoriert

Um das Ausmaß des Debakels zu verdeutlichen, beginnt Hallitzky seine Ausführungen nicht erst beim Geschacher um die Hypo Group Alpe Adria (HGAA), sondern schon viel früher. Er schildert den Wegfall der Gewährträgerhaftung. Bis Mitte 2005 nämlich sprang der Freistaat vorbehaltlos für die Landesbank ein. Bevor diese Regelung auf Betreiben der EU Mitte 2005 wegfiel, sei noch eine Vorratskreditaufnahme in Höhe von 58,2 Milliarden Euro beschlossen worden. „Das entsprach fast dem Doppelten des Staatshaushaltes.“ „Eine solche Entscheidung hebelt die Budgethoheit des Landtags völlig aus“, sagt Hallitzky.

Dabei habe die Landesbank zunächst gar nicht gewusst, was sie mit dem Geld machen solle. Eingestiegen sei man dann in gigantischem Umfang in den Handel mit strukturierten Wertpapieren, andere Gelder landeten bei Lehmann und in Island. Hallitzky: „Über all dort ist die BayernLB unterwegs gewesen, wo die Renditeerwartungen extrem hoch waren, egal wie hoch das Risiko war.“

Nicht die Finanzmarktkrise, sondern das bewusste Nichtbeachten von bekannten Risiken und fehlender Kontrollwille haben laut Hallitzky auch zum Desaster beim Kauf der HGAA geführt. „Diese Bank war von Anfang an ein Griff ins Klo“. Und täglich werden in den Medien neue delikate Details zu diesem Deal bekannt. Deshalb bescheinigt Hallitzky den Entscheidungsträgern ein „totales Versagen“. Es sei bekannt gewesen, dass die Bank „risikotriefend“ war. „Aber man wollte auf Teufel komm raus eine Bank auf dem Balkan kaufen“, so Hallitzky. „Deshalb kaufte man die HGAA nicht nur völlig überteuert sondern man übernahm auch noch blind alle ihre Leichen – und dies bei einer Bank mit einem mehrstöckigen Leichenkeller.“

 

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