Rede der Grünen Liste zum städtischen Haushalt 2014

Wir vermissen einen ökologischen und sozialen Gestaltungswillen. Wir bemängeln die Bereitstellung von nur 1 Miollion Planungsmittel für die Stadtumlandbahn und die finanziellen Aussagen in Richtung Sporthalle, obwohl uns Sponsorenzusagen fehlen und wir diese Halle so nicht für finanzierbar halten. 
Politik machen heißt auch, oder besser vor allem zu entscheiden für was Geld ausgegeben werden soll. Wir wollen es für andere Vorhaben verwenden.

gehalten von Susanne Lender-Cassens in der Stadtratsitzung am 9.1.2014

 

Forscher der Universitäten Harvard  haben herausgefunden, dass uns komfortable Sitzgelegenheiten und warme Getränke nachgiebiger verhandeln lassen.
Halten Menschen eine Tasse mit warmem Kaffee in der Hand, begegnen sie anderen großzügiger und sozialer als jene, die ein kühles Getränk halten.
Hatten sie denn alle während der Beratungen auch genug heißen Kaffee, denn  die Sitze sind ja weich.

Für uns muss ein Haushalt folgende Schwerpunkte beinhalten:

– Ökologische Politik bedeutet:
Ein konsequentes Umsetzen der Energiewende durch Reduzierung des Energieverbrauchs und Förderung der regenerativer Energien. Zudem ist ein bedeutend sparsamerer und verantwortungsvollerer Umgang mit allen Ressourcen vom Papier bis hin zum Flächenverbrauch notwendig. Auch in der Verkehrspolitik ist ein Umdenken dringend erforderlich.

Eine Politik der sozialen Gerechtigkeit muss:
Armut, insbesondere Kinderarmut, mit allen Mitteln entgegenwirken. Niemand darf von kulturellen, sportlichen und anderen Angeboten ausgeschlossen sein. Steuern und Gebühren müssen sozial verträglich sein.

Eine gute Bildungspolitik ermöglicht:
Chancengleichheit für alle Bevölkerungsschichten. Die Wertschätzung und Anerkennung von Vielfalt in Bildung und Erziehung soll gewährleistet werden können. Nur so kann der Wunsch nach lebenslangen Bildung für alle, ermöglicht werden.

Aktive BürgerInnenbeteiligung muss:
sich deutlicher etablieren und damit selbstverständlicher werden. Das gilt für alle Fragen von öffentlichem Interesse die Konfliktpotential enthalten.

Eine aktive  Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bei Entscheidungsprozessen verhindert bereits im Vorfeld Unzufriedenheit und macht Politik wieder glaubwürdiger.       

Für die eben genannten Bereiche fehlt uns ein uneingeschränktes ja, ein Mitgehen und ein gemeinsam an einem Strang ziehen.

Es erscheint uns, als wenn nur auf die dringendsten von der Verwaltung aufgeworfenen Fragen reagiert wird, aber der Wille zum Gestalten, zum Umbau und zur Veränderung fehlt.
Die abgelehnten Anträge wären für uns Schritte hin zu einer modernen, umwelt-, bürgerinnen und bürgerfreundlichen Stadt – einer Stadt der Teilhabe.

Energiewende und Verkehr:

Die Energiewende kann nur gelingen, wenn dazu ein übergeordneter Handlungsrahmen von der Politik festgelegt und verfolgt wird wird.  Diesem, nennen wir ihn ‚Leitgedanken‘,  ordnen sich dann alle Investitionen und Einzelmaßnahmen unter. Scheibchenweises Vorgehen macht für uns keinen Sinn.
Dazu würde auch gehören, dass der Stadtrat endlich einen hohen technischen Standard der energetischen Gebäudesanierungen beschließt.
Die Energiewende gelingt nur mit einer Verkehrswende – dafür ist eine mutige Förderung des Rad – und Fußgängerverkehrs grundlegend. Vernünftige Fahrradwege sind die Voraussetzung für einen leichten Umstieg auf das Rad.

Das wichtigste Glied in der Kette ist jedoch jede, jeder Einzelne von uns.
Alle müssen mitmachen, damit es gelingen kann, Erlangen bis 2050 mit 100% erneuerbarer Energie zu versorgen: einerseits durch Energiesparen, andererseits aber müssen die Rahmenbedingungen stimmen, damit wir dem Ziel näher kommen können.

Einige von uns beantragte Maßnahmen in diese Richtung wird es nicht geben:
Die notwendige deutliche Erhöhung des Fördertopfes  für private Energiesanierungsmaßnahmen, ein Schulsanierungsgutachten als Voraussetzung für die sinnvolle Planung weiterer energetischer Sanierungen und Attraktivitätssteigerungen im ÖPNV.
Der Fahrradweg Bruck –  Frauenaurach muss ebenso warten wie der zwischen Dechsendorf und Röttenbach.

Die Stadtumlandbahn

könnte von einer langen Entwicklungs- nun zu einer Erfolgsgeschichte werden, wenn die Umsetzung entschlossen vorangeht und die StUB aufs Gleis gesetzt wird – nicht nur in Richtung Siemens-Campus, sondern als Verkehrsmittel für alle. Als nächsten Schritt sollen die beteiligten Städte und Landkreise eine gemeinsame Geschäftsform finden. Es ist DAS bedeutende Infrastrukturprojekt zur Vernetzung in der Metropolregion: Standortfaktor, zum Erhalt der Arbeitsplätze, zur Umsetzung der Energiewende und zur verkehrstechnischen Entlastung unserer Stadt.

Soziales Erlangen

Die ständig steigenden ÖPNV-Fahrpreise, der fehlende „Erlangen Paß“ kein Studierenden-Ticket und ein „Sozialticket“, das seinen Namen nicht verdient, sind nicht der richtige Weg dazu, eine Stadt für Alle zu sein.

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist derzeit in Erlangen eines der größten sozialen Probleme.
Bei der Ausweisung neuer Baugebiete müsste künftig mindestens die Hälfte für den Mietwohnungsbau und davon mindestens wiederum die Hälfte für den So­zial­woh­nungs­bau vorgesehen werden. Bei Bauvorhaben von Privatinvestoren möchten wir zur Auflage machen, dass ein Drittel öffentlich gefördert sind. Bevor neue Baugebiete ausgewiesen werden, geben wir sozial- und um­welt­ver­trä­gli­chen Nachver­dichtungen den Vorzug.
In der Nachverdichtung können große Potenziale liegen, auch wenn das Wort oft negativ belegt wird. Stadtquartiere könnten  neu gestaltet und so auch  attraktiver gemacht werden.

Gerne hätten wir die  Zustimmung für die Vergabe der Grundlagenermittlung für ein Stadtentwicklungskonzept 2030 gehabt. Die dafür notwendigen  30.000 Euro sind nicht gebilligt worden.

Bildung: lebenslang und inklusiv
Geld  für Kinder und die Jugend.

Im Kinder- und Jugendbildungsbereich wurde ja Einiges beschlossen, trotzdem  fehlen uns die Springer-Stellen für die Lern- und Spielstuben, eine Stelle in der kommunalen Jugendpflege und vor allem eine Stelle in der interkommunalen Elternarbeit.

Der Ausländer- und Integrationsbeirat hat sich intensiv mit interkultureller Elternarbeit befasst und zahlreiche Erfahrungsberichte ausgewertet. Eine Verbesserung im Bereich der interkulturellen Elternarbeit kann nicht allein durch ehrenamtliche Tätigkeit gelingen, sondern nur durch eine professionelle Begleitung durch hauptamtlich Beschäftigte mit interkultureller Kompetenz erreicht werden. Hauptaufgabe ist die Koordination und Vernetzung verschiedener Akteure sowie Schulung für Eltern mit Migrationshintergrund.
Die interkulturelle Elternarbeit würde auch die Willkommenskultur nachhaltig unterstützen.

Leider steht nun am Ende der Beratungen auch das Projekt „Die Begleiter“ auf wackeligen Beinen.

Die Mailwaldbühne neu aufzubauen und mehr Mittel für die attraktive Umgestaltung und Sanierung von Spielplätzen zur Verfügung zu stellen, fand auch keine Mehrheiten.

Mitmischen possible-BürgerInnenbeteiligung

Bürgerbeteiligung und Transparenz ist für uns ganz besonders wichtig. Hier wünschen wir uns  mehr Elan – mindestens so viel, wie bisher  bei Verwaltungsreformen an den Tag gelegt wurde.
Dazu gibt es viele Forschungsergebnisse, viele gute Beispiele – es muss nichts Neues erfunden werden. Wir trauen den Erlangerinnen und Erlangern zu, dass sie sich gerne und konstruktiv einbringen. Für mich gehören dazu auch Jugendliche mit ihren speziellen Bedürfnissen. Und Kinder, denn schon manches Mal haben unbedarfte Herangehensweisen Erstaunliches zu Tage gefördert.
Bürgerbeteiligungsverfahren gehen über reine Bürgerinformation hinaus, benötigen Geld und Kapazitäten, sie können nicht nebenbei von der Verwaltung entwickelt und durchgeführt werden. Hier Geld in die Hand zu nehmen ist ein entscheidender Weg zu mehr Mitbestimmung, Selbstorganisation, sozialem Frieden und weckt das Interesse an der Politik. Entsprechende GL-Anträge sind leider abgelehnt worden.

Ohne Bodenschutz kein Klimaschutz!
Anstatt in den einzelnen Städten immer neue Gewerbegebiete auszuweisen, muss die Metro­polregion Nürnberg im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit zu einem gemein­samen Gewerbeflächenmanagement kommen. Nur so kann ein weitergehender Flächen­verbrauch auf Kosten von Natur und Umwelt verhin­dert werden.

Hier stehen wir nicht alleine, denn ähnliches hat schon  im März 2002 die oberste bayerische Baubehörde gefordert.

Zudem entspricht dies auch der Nachhaltigkeitsstrategie der neuen Bundesregierung. Der momentane Flächenverbrauch liegt bei  87  Fläche täglich – das muss sich ändern.

Sportliches Erlangen: Handball und das Geld
Großes Thema der diesjährigen Haushaltsberatungen ist die im Stadtosten als Neubau geplante  Vierfach-Sporthalle mit bis zu 2500 Zuschauerplätzen. Der Handballdachverband schreibt diese Ausmaße für Bundesligaspiele vor  und es  fehlen Hallenkapazitäten für den Schul- und Vereinssport.
Aber: Durch den Bau entstehen der Stadt hohe Kosten von mindestens 6 Mio Euro –  Geld, das uns für andere dringlichere Bereiche fehlen wird. Und  für den wichtigen Schul- und Vereinssport braucht es keine 4 fach Halle mit diesen Ausmaßen.

Last but not least – Kultur:

Die Erlanger Kulturlandschaft hat etliches zu bieten. Allerdings sind viele Gebäude dringend sanierungsbedürftig. Wir sind uns alle einig, dass als erster Schritt der Frankenhof erneuert werden muss. Die Frage ist nur noch: wie schnell. Hier können wir uns ein Beispiel an der Universität nehmen und abwarten, bis die Decken herunterbröseln – oder endlich handeln. Ein weiteres Hinauszögern wird letztendlich zu Mehrkosten führen – nicht zuletzt auch bei den Energiekosten.
Wenn reiche Städte arm werden und wie uns die Gestaltungsmacht genommen wird
Die Verschuldung der Gemeinden und Städte, darunter auch Erlangen, hat in den letzten Jahren zugenommen und eine Entspannung ist vorerst nicht in Sicht.
Die Ursachen liegen nicht nur an den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise,  sondern auch im Kommunalen Finanzausgleich.
Die den Gemeinden übertragenen Aufgaben werden immer mehr – sie sind aber aufgrund der fehlenden Finanzzuweisungen  kaum finanzierbar.
Einnahmesteigerungen,  wie die Erhöhung der Gewerbesteuer, sind nur begrenzt möglich. Ein gemeinsamer Gewerbesteuer-Hebesatzin der Metropolregion wäre unserer Meinung nach sinnvoll.
So müssen finanzielle Löcher durch weitere Kreditaufnahmen gestopft werden.
Bei der Finanzierung der Städte und Gemeinden ist ein Umdenken bei der Staatsregierung notwendig und sollte von der Stadtspitze nachdrücklicher eingefordert werden.
Zumal sich die Einnahmen von Bund und Land deutlich erhöht haben.
Leistungen aus früheren, finanziell besseren Zeiten, oder welche, die aufgrund von Zuschussprogrammen eingeführt wurden, werden beibehalten. Eine Streichung bedeutet einen harten Einschnitt, der gerade auf besondere Hilfen angewiese Menschen trifft.
Es müssen also weiter Stellen im sozialen Bereich geschaffen, Integrationsprogramme gefördert, Büchereien, Spielplätze, Schwimmbäder und andere Einrichtungen erhalten, mit Personal versorgt, gepflegt und saniert. Das ist gut so, fördert den sozialen Frieden und erhält den hohen Standard in Erlangen – den wir nicht als Belastung sondern als Aushängeschild und Grundlage für Lebensqualität sehen.

Viele Anträge und Anregungen in diese Reichtung wurden bereits in den Fachausschüssen abgelehnt. Heute ist auch nicht nachgebessert worden.
Wir vermissen einen ökologischen und sozialen Gestaltungswillen.

Die Bereitstellung von nur 1 MIO Planungsmittel für die Stadtumlandbahn, und die finanziellen Aussagen in Richtung Sporthalle, obwohl uns Sponsorenzusagen fehlen und wir diese Sporthalle so nicht für finanzierbar halten.
Politik machen heißt auch, oder besser vor allem zu entscheiden für was Geld ausgegeben werden soll.
Wir wollen es für andere Vorhaben verwenden.
Aus diesem Gründen werden wir der Haushaltsvorlage nicht zustimmen.

Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen.

Johann Wolfgang von Goethe

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