Abschaffung des bayerischen Lagersystems für Flüchtlinge

Die unwürdigen Zustände in Sammelunterkünften für Flüchtlinge  haben in letzter Zeit harte Kritik in der Öffentlichkeit hervorgerufen. Der Oberbürgermeister soll die Bayerische Staatsregierung auffordern, endlich auf die Pflicht für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Sammellagern zu leben, zu verzichten …

Stadtratsantrag

Appell an die Staatsregierung

Die teils unwürdigen Zustände in Sammelunterkünften für AsylbewerberInnen haben in letzter Zeit harte Kritik in der Öffentlichkeit hervorgerufen. Mit einem Flüchtlingsprotestmarsch von Würzburg nach Berlin und dem Protestcamp in Nürnberg am Hallplatz machen Betroffene aus der Region gerade auf ihre verzweifelte Situation aufmerksam. Von vielen Seiten wird gefordert, dieses Lagersystem endlich abzuschaffen und Flüchtlinge in Wohnungen leben zu lassen.
Momentan spitzt sich die Situation zu: Das Aufnahmelager Zirndorf mit 500 Betten muss 800 Menschen beherbergen. „Menschenunwürdige Zustände – Privatsphäre gibt es nicht“, so wurde die Situation in Zirndorf von der Süddeutschen Zeitung bereits am 2.12.11 beschrieben, als noch 130 Flüchtlinge weniger untergebracht waren. Es fehlt eine weitere
Erstaufnahme-Einrichtung in Bayern und die Kommunen haben große Probleme – wie gerade auch Erlangen – Unterkünfte bereit zu stellen, die Zirndorf entlasten.

Seit 2002 ist das bayerische /Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz/ (AufnG) in Kraft. Es regelt in Art. 4 Abs. 1 die Pflicht für Flüchtlinge, in Lagern zu leben. Diese Regelung stellt eine massive Verschärfung der Regelungen nach dem Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) dar.
§ 53 Abs. 1 AsylVfG hält lediglich fest, dass Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren befinden, nach dem Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung „in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden“ sollen. Bayern weicht bei der Umsetzung dieser Regelung deutlich von der Praxis anderer Bundesländer ab, die hier großzügig von ihrem Auslegungsspielraum Gebrauch machen und den Auszug aus den Flüchtlingslagern zulassen.
Das AsylbLG hält in § 3 Abs. 1 für Flüchtlinge mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen oder einer Duldung fest, dass der „notwendige Bedarf an […] Unterkunft, Heizung […] durch Sachleistungen gedeckt“ werden soll. Daher ist auch eine Unterbringung in Wohnungen, sofern die Miete direkt an die VermieterInnen gezahlt wird, möglich und zulässig. Dies wird in anderen Bundesländern bereits praktiziert.
Mit dem AufnG hat Bayern ein Lager-System für Flüchtlinge geschaffen, dem selbst Härtefälle wie Familien mit Kindern, Traumatisierte, SeniorInnen, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder Flüchtlinge mit Behinderungen oder schweren Krankheiten kaum entkommen können. Übrigens :Eine Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen statt in Sammellagern würde in Bayern zu Einsparungen von jährlich 13,6 Millionen Euro führen, wie mit einem Gutachten des Bayerischen Flüchtlingsrates ermittelt wurde.

Wir beantragen:

Der Oberbürgermeister fordert die Bayerische Staatsregierung auf, endlich auf die Pflicht für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Sammellagern zu leben, die durch Art. 4 Abs. 1 des bayerischen Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AufnG) gesetzlich geregelt ist, zu verzichten.

Wolfgang Winkler

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