Umbenennung der Haberstraße in Clara-Immerwahr-Straße

Im Ersten Weltkrieg wurden unter der Leitung des Chemikers Fritz Haber die deutschen Gastruppen aufgestellt. Seine Frau Clara Immerwahr stellte sich während des Krieges öffentlich gegen die Arbeit ihres Mannes im Bereich der chemischen Kampfstoffe und bezeichnete diese als „Perversion der Wissenschaft“. Kurz nach dem Gasangriff bei Ypern nahm sie sich das Leben.
Die Grüne Liste beantragt die Umbenennung der Haberstraße an der technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg. Die Straße soll nach Clara Immerwahr benannt werden.

Stadtratsantrag

wir beantragen:

Die Haberstraße wird in Clara-Immerwahr-Straße umbenannt.

Begründung:

Fritz Haber, geboren 1868 in Breslau, war ein deutscher Chemiker. Gemeinsam mit Carl Bosch entwickelte er 1909 ein Verfahren zur industriellen Synthese von Ammoniak, für das er 1919 mit dem Nobelpreis in Chemie ausgezeichnet wurde. Der Name Fritz Haber steht jedoch auch für den Einsatz wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Kriegsführung.
Nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges stellte Fritz Haber seine Arbeit freiwillig in den Dienst der deutschen Armee. Durch seine Erkenntnisse auf dem Gebiet der Ammoniaksynthese war es dem deutschen Kaiserreich auch ohne die Versorgung auf dem Seeweg möglich, ausreichend Sprengstoffe für die Kriegshandlungen herzustellen. Ohne diese Unterstützung hätten die deutschen Truppen wohl bereits Ende 1914 die Kampfhandlungen wegen Munitionsmangel einstellen müssen. Weitaus schwerer wiegt jedoch Fritz Habers führende Rolle beim Einsatz von Giftgas während des 1. Weltkriegs. Unter seiner Leitung und Planung wurden ab 1915 die deutschen Gastruppen aufgestellt, was schließlich im ersten großtechnischen Einsatz von Chlorgas während der Schlacht von Ypern gipfelte. Haber überwachte den Einsatz am 22. April 1915 vor Ort und konnte sich von der verheerenden Wirkung des Gasangriffs überzeugen. Je nach Quellenangabe erstickten an diesem Tag mehrere hunderte bis tausende englische und französische Soldaten qualvoll in ihren Schützengräben, weitere tausende Menschen wurden verwundet und blieben bis an ihr Lebensende gezeichnet. Der Einsatz bei Ypern gilt heute als der Beginn der modernen chemischen Kriegsführung und steht damit für einen beispiellosen Sündenfall der Wissenschaft.
Fritz Haber wurde für den erfolgreichen Einsatz zum Hauptmann befördert und soll diese Beförderung unter „Tränen des Glücks“ angenommen haben. In Folge des deutschen Angriffs bei Ypern setzten auch die Truppen der Entente bis Kriegsende große Mengen an Giftgas ein. Fritz Haber entwickelte während des Krieges weitere chemische Kampfstoffe und sorgte für ihre Anwendung an den verschiedenen Frontabschnitten. Sein Handeln begründete er mit dem Ausspruch: „Der Wissenschaftler dient im Frieden der Menschheit, im Kriege dem Vaterland“.
Aus unserer Sicht kann Fritz Haber kein Vorbild für das Handeln zukünftiger WissenschaftlerInnen sein. Wir beantragen daher die Umbenennung der Haberstraße an der technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg. Die Straße soll nach Fritz Habers Frau Clara Immerwahr benannt werden. Sie stellte sich während des Krieges öffentlich gegen die Arbeit ihres Mannes im Bereich der chemischen Kampfstoffe und bezeichnete diese als „Perversion der Wissenschaft“. Clara Immerwahr nahm sich kurz nach dem Gasangriff bei Ypern mit der Dienstwaffe ihres Mannes das Leben. Immerwahr steht für die Verantwortung der Wissenschaft bezüglich des Einsatzes ihrer Erkenntnisse zum Wohle der Menschheit. Sie ist somit ein Vorbild für Forschende in allen wissenschaftlichen Bereichen. Darüber hinaus gelang es Clara Immerwahr als erste Frau in Deutschland im Fach Chemie zu promovieren was sie zudem zu einer Symbolfigur im Kampf um die Gleichberechtigung der Frau macht. Ihre persönliche Leistung und ihre moralische Integrität macht sie zu einer geeigneten Namenspatin für diese Straße.

Wolfgang Winkler