Neubau südlich der Erba-Siedlung: „Abrisspolitik“ mit grüner Zustimmung?

johann.juergen3-kDie Wohnungen stehen inzwischen fast leer. Sieben GEWOBAU-Häuser mit 34  Bestandswohnungen südlich der Erba-Siedlung sollen abgerissen und durch Neubauten mit ca. 100 Wohnungen ersetzt werden. Wie auch bei anderen Nachverdichtungsmaßnahmen gibt es Kritik: Eine neu gegründete Bürgerinitiative will den Abriss der Gebäude verhindern. Sie befürchtet eine Zerstörung der bisherigen lebenswerten Garten- und Grünflächen und eine Beeinträchtigung des Wohnumfeldes durch mehrgeschossige Neubauten. Auch sei ein Stück Erlanger Geschichte gefährdet, obwohl die Gebäude nicht Bestandteil der historischen und denkmalgeschützten Erba-Siedlung sind.
Die GEWOBAU erklärt dagegen, dass die Grünräume erhalten bleiben sollen. Die umstrittenen Häuser haben eine schlechte Bauqualität und entsprächen in ihren Grundrissen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Eine Bestandssanierung wäre so aufwändig, dass allenfalls teurer und kein sozialer Wohnraum entstehen würde.
Für die städtische Wohnungsbaugesellschaft ist dieses Bauprojekt Teil eines umfassenden Maßnahmenbündels gegen Wohnungsnot. Derzeit werden im gesamten Stadtgebiet rund 700 neue GEWOBAU-Wohungen geschaffen. Das Wohnungsbauunternehmen GBW plant zudem 300 neue Wohneinheiten im Erlanger Süden.
Unbestritten: Nachverdichtungsmaßnahmen wirken sich auf das bestehende Wohnumfeld aus und hinterlassen einen ökologischen Fußabdruck – wenn auch sicherlich nicht in dem von der Bürgerinitiative befürchteten Umfang. Eine Sanierung im Bestand kann nachhaltiger als ein Neubau sein und in der energetischen Gesamtbilanz besser abschneiden. Außerdem haben Häuser einen sozialen und baugeschichtlichen Wert, der gemeinhin unterschätzt wird.

Wohnungspolitisch besteht jedoch für Erlangen dringender Handlungsbedarf. Wohnraum, vor allem bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware. Wohnungssuche und Mietsteigerungen sind die Erlanger Top-Themen der letzten Jahre. Rund 1700 Wohnungsanträge liegen auf den Schreibtischen der städtischen Abteilung für Wohnungswesen. Dahinter stecken ca. 2500 Menschen, die sich die Mieten auf dem freien Markt nicht leisten können. Weitere rund 2000 Wohnungssuchende stehen auf der Warteliste der GEWOBAU. Und: Die Situation von Geflüchteten ist prekär. Es ist ein erklärtes Ziel und eine schwierige Aufgabe der Stadt, diese Menschen angemessen unterzubringen.
Aus diesem Grund befürwortet die gemeinsame Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und Grüne Liste auch diese Nachverdichtung der GEWOBAU und versucht ein Wahlversprechen einzulösen: „Der Neubau von Mehrgeschosswohnungen mit angemessener Nachverdichtung hat absolute Priorität bei der Stadtplanung und Stadtentwicklung“ – so steht es im grünen kommunalpolitischen Programm für die Stadtratswahl 2014. Dass die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum Priorität hat, ist auch im “Strategiepapier Wohnen” festgelegt, das der Stadtrat vorletztes Jahr beschlossen hat. Danach sind ein Viertel aller neuen Mietwohnungen dem sozialen Wohnungsbau vorbehalten.

Die Knappheit an städtischem Wohnraum hat weitreichende ökologische Konsequenzen. Viele in Erlangen Beschäftigte finden keine geeignete Wohnung in der Stadt, ziehen deshalb ins Umland und pendeln täglich mit dem Auto zur Arbeit. Der motorisierte Individualverkehr trägt wesentlich zur Versiegelung und zum Flächenverbrauch bei. Die Zersiedlung schreitet ungebremst voran, wenn nicht im städtischen Raum zusätzliche Wohnungen geschaffen werden.

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Fast alle Wohnungen stehen leer: Sieben GEWOBAU-Häuser sollen abgerissen und durch Neubauten mit ca. 100 Wohnungen ersetzt werden.

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